Der Andere

Provisorische Existenz

Die „provisorische Existenz“, von der Victor Frankl im Blick auf seine Zeit sprach, verschiebt die Klärung der Lebensfragen auf „später“. Diese innere Haltung schützt sich unter anderem dadurch, dass ihr Philosophie entweder zu kompliziert vorkommt – oder als nutzlose Kunst.

Wir können aber nicht Nicht-philosophisch leben. Jede Haltung, auch die provisorische, verwirklicht eine Philosophie, die auch dadurch nicht weniger zu verantworten ist, als dass sie selbst als vorläufig oder pragmatisch zu entlasten sucht.

Der Andere als Alltagserscheinung

In der stillen Hoffnung auf Leser, die mit mir eine philosophische Betrachtung anstellen, die, wie ich meine, wesentlich ist, möchte ich hier kurz „den Anderen“ betrachten.

Das erste Gefühl des Daseins ist – wie Heidegger beschreibt – unter anderem das Gefühl des besorgt seins. Irgendwie muss ich mit dem Leben, das ich ja nun mal habe, klarkommen. Zwischen Existenzsicherung und Lebensgenuss geht es hin und her – je nachdem, ob ersteres schon gut gesichert ist. Dabei erscheint der andere wie ein Bestandteil dieses Alltagslebens. Allermeist finde ich ihn in meiner Umwelt vor. Er ist da, sei er aus meiner Vergangenheit kommend (Familie, Freunde) oder als mir vor die Nase gestellter in Beruf oder an der Kasse des Supermarktes.

Neben der Nützlichkeit (oder der Bedrohlichkeit) des anderen vor meiner Nase, kann sich zuweilen auch ein Gefühl bemerkbar machen, dass neuerdings mit Empathie bezeichnet wird. Früher sprach man von Mitgefühl, teils Mitleid oder, genauer, von Einfühlung.

Das kann mein Leben bereichern – oder mir auch zu viel werden und dann stellt es sich als eine Last dar.

Ein Gedankenexperiment – Wie wäre es ohne „Andere“?

Nun stellen Sie sich einen Moment in einem Gedankenexperiment vor, es gäbe für einen Augenblick, der kürzer oder länger ist, niemanden auf der Welt außer Ihnen. Sie würden sich auch an niemanden mehr erinnern und keine Person kennen.

Ganz schön öde, meine ich.

Wenn Sie es noch einen Moment innehalten: Es ist mehr als öde. Nach einer Zeit, die vielleicht als Pause (aber Pause wovon?) noch entspannend sein könnte, kann sich ein Bewusstsein von Existenzlosigkeit verbreiten. Ohne jemals gehabte Ansprache gäbe es auch in mir selbst keine Sprache – also auch kein Dialog mit mir selbst. Es gäbe niemand, der mir sagt, dass ich da bin, der mich nett, oder nicht nett findet. In aller Konsequenz  eine schreckliche Einsamkeit, ja eine Art Nicht-Sein.

Jetzt beenden wir endlich dieses Gedankenexperiment und sind wieder unter Menschen. Ich hoffe, Sie empfinden mit mir, dass ich den anderen mehr brauche als nur irgendwie. Den ersten Menschen, den ich nach solch einer Erfahrung antreffe, werde ich staunend und beglückt anschauen, vielleicht wagen, ihn anzusprechen und glücklich bemerken, dass er mich bemerkt.

Mehr als nur vorhanden sein

Heidegger spricht vom Dasein als von einem geworfen sein. Und zwar einem in die Welt geworfen sein. Die Welt ist das, woran ich erkenne, dass ich da bin (nämlich da in der Welt, an einem Ort und in diesem Moment). Welt ist also nichts Optionales, das man haben könnte oder auch nicht.

Und in dieser Welt sind Dingen – und Menschen –  sozusagen in der Nähe meiner Hand, also vorhanden. Damit stehen sie mir auch zur Hand, zur Verfügung. Aber ist das alles?

Person sein ist mit dem in der Welt sein nicht ausreichend genau beschrieben. Person werde ich am anderen, am Gegenüber (siehe mein Blogbeitrag über Kommunikation). So ist mir der andere nicht einfach nur der, der vor-mir-ist (vorhanden). Der andere ist das (der) wesentliche an meinem Menschsein. Er ist eben auch nicht optional – wie das Gedankenexperiment vielleicht eine wenig veranschaulicht hat.

In der Alltäglichkeit und Selbstverständlichkeit des Da-Seins des anderen gerät dies schnell in Vergessenheit (oder gar nicht erst in Bewusstsein).

Personenstiftung

Worauf es mir in dieser Betrachtung nun speziell ankommt, ist die Unvermeidbarkeit des Personstiftenden (meiner Person) durch den anderen zu jeder Zeit. Alle Begegnung, aller Umgang mit dem anderen ist ein Umgang mit mir selbst!

Die Begegnung ist ja das, was mich zu einer Person macht. Ich finde mich in einer Situation mit anderen vor – und inwieweit ich diese annehme (den anderen annehme) hat unmittelbar mit meinem eigenen Person-sein zu tun. Und ebenso ein Abweisen – ich weise ein werden wollen (sollen?) meiner selbst ab.

Genauso wie ich nach Wazlawik nicht Nichtkommunizieren kann, kann ich in einer Begegnung nicht die Begegnung vermeiden. Selbst die Vermeidung der Begegnung durch Ort oder Zeit ist eine wirksame Handlung an mir selbst.

Selbstmord aus Angst vor dem Leben

Es gibt diesen Satz „Selbstmord aus Angst vor dem Tod“. Er beschreibt genau diese Angst vor dem existenziellen Leben. Die Angst, die so groß werden kann, dass sie meint, sich nur mit Mitteln schützen zu können, die letztlich in eine Rekursion führen, zu einem doch tun in dem nicht tun wollen – aber in einer nicht gemeinten Weise.

Eine sich ereignende Begegnung bietet nicht die Möglichkeit einer „provisorischen“ Handlung, die sozusagen neutral wäre. Die gefühlte Neutralität ist eine Neutralität „des Kopf in den Sand Steckens“, eine Neutralität der Abstumpfung und Lebensvermeidung. Sie vermeidet aber nichts, weil sie ihrerseits eine Entscheidung, eine Stellungnahme, ist. Eine Stellungnahme zum anderen, die damit eine Stellungnahme zu mir ist. Eine Stellungnahme der „Nichtung“, vielleicht nicht der Vernichtung, aber doch der aktiven Passivität – nahe dran und im Wesen mittendrin im Selbstmord aus Angst – vor dem Leben.

Praktischer Auslöser 

Dieser Text hat einen Auslöser. Es geht um eine phänomenologische Betrachtung der Flüchtlingsereignisse im Herbst 2015. Wie diese Gedanken darauf anwendbar sind, möchte ich erst einmal dem Leser überlassen. Vielleicht schreibe ich etwas dazu, wenn es gewünscht wird.

Es geht mir nicht darum eine Position zu beziehen. Es geht mir um die Unvermeidlichkeit des existenziellen des Anderen – um seinetwillen ebenso wie um meinetwillen.

Der größte Fehler, den man machen kann, wird nur noch überboten von dem Fehler, aus Angst vor diesem größten Fehler zu meinen, nichts zu machen wäre eine fehlerneutrale Option.

Dieser Text wurde bereits 2015 geschrieben aber nur Freunden zugänglich gemacht.

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Teil V Sich selbst loslassen

B) Warum will ich MICH loslassen – was heißt Proklamation von Grundwerten

Ich möchte nun kurz auf diese Frage eingehen und meinen Standpunkt andeuten:

Ich bin ein wertvoller Mensch und finde dies in mir selber vor“.  Das nenne ich eine Proklamation, eine Behauptung. Als Zeugen kann ich nur mich nennen, denn „ich finde es in mir vor“. Wer ist denn dieser „Finder“ des Wertes – ein wertvoller Mensch, dessen Aussage etwas gilt? Aber dass will ich dabei ja gerade erst feststellen. Das ist genau dieses, sich selbst Grundlage sein oder sich selbst aus dem Sumpf ziehen.

Im Alltag sind dies sicher nicht unsere normalen Sorgen – aber in eine Krise durchaus. Und ich meine, dass Maß der Ehrlichkeit bestimmt das Maß wieviel ich dieser Rekursion, diesem Gebilde traue – oder nach einem anderen Fundament suche.

Ich sage: im Gegenteil. Wenn ich in mich selbst hineinschaue finde ich alles Mögliche – und Unmögliche. Jedenfalls nicht genug, um darauf mein Lebenshaus zu bauen. Ich kann diese Frage ungeklärt lassen, oder mit einer Proklamation etikettieren und einfach drauf los bauen. Und so geschieht es in aller Regel auch. Und es geht eine ganze Weile gut. Je höher ich aber baue, desto weniger darf ich mich dann noch selbst fragen was denn mit dem Grund, dem Fundament ist. Mein um mich besorgtes Unterbewusstsein wird schon für mich sorgen. Es wird verhindern, dass ich eine Frage stelle, die bei einer „unzulässigen“ Antwort den Bau meines Lebens einstürzen lassen würde.

Und dass macht mich taub für existenzielles Fragen. Je mehr ich also auf mich selbst vertraue, desto mehr bin ich in Gefahr nicht mehr existenziell hören zu können – und damit ist ein Gespräch dann nicht mehr an dem Punkt, der mich als Person im Wesenskern betrifft.

Ich deute die Dinge hier nur an – gern spreche in persönlichem Gespräch oder in einem Seminar über diese Dinge mit meinen Lesern.

..um alles zu gewinnen

Ich gewinne kein Leben, wenn ich mich selbst nicht loslasse – das ist die negative Formulierung. Positiv formuliert: Weil, und so viel, ich dem Gegenüber ein Lebendiger bin, geschieht wunderbares. Es öffnen sich Türen zur Person, der Mensch wird in seinem Wesen sichtbar, lebendig – schön.

Halten sie einen Moment inne und erinnern Sie sich an Begegnungen, in denen es so war – oder doch zumindest auch so war. Sie sind einem Menschen Grund zur Selbstwerdung gewesen.

Beispiele:

– Jemand hat sie angerufen und zuerst weniger Wichtiges gesagt. Nun fragen sie nach – was ist sonst noch, du hast doch etwas – und haben Raum gegeben

Und nun erzählt er ihnen davon. Lang und viel, vielleicht ohne eine Antwort hören zu wollen. Am Ende bedankt er sich sehr für das Gespräch – es war vielleicht kein Dialog, mehr ein zuhören. Aber sie spüren dass nur dies jetzt wichtig war.

– Sie haben jemanden angerufen, weil sie ein Problem haben. Der andere hat Ihnen zugehört – und einen Hinweis gegeben, der ihnen sehr geholfen hat. Sie nehmen diesen Rat dankbar an.

Dabei sind sie dem anderen eine Freude geworden, ein Gefühl von Bedeutsamkeit und Lebensfreude ist ihm geworden. Denn auch das Annehmen können ist im Dialog bedeutsam – für beide Seiten.

– Die Enkel sind zu Besuch. Sonntagabend sind sie schön geschafft und freuen sich auf den „Tatort“. Aber einer der Enkel kann nicht einschlafen, fragt nach einer Geschichte zum vorgelesen bekommen. Es kostet sie einen Moment – und dann gehen sie und lesen in aller Ruhe eine Geschichte. Nicht für sich, für dieses Kind – und sie spüren, es ist wahrhaftig mehr Leben im Vorlesen als im besten „Tatort“.

Dies sind Geschichten die Handlungen zum Schwerpunkt haben. Und dies ist einer der Inhalte meines Kommunikationstrainings. Überlegen Sie sich Handlungen, Handlungen sind oft die bessere Kommunikationsform.

…mehr in Kürze

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Teil IV Rückfragen zum bisherigen

Im  Teil IV hatte ich geplant, über praktische Dinge zu sprechen, die beim Gespräch helfen können. Nun gab es Rückfragen, die ich nicht übergehen möchte. Ich bin sehr dankbar dafür, denn einen Blog über Kommunikation ohne Kommunikation wäre ein trauriges Ding.

Hier das erste Thema das mir wichtig war:

A) Wie werde ich Person, wenn im normalen Leben niemand auf diese Weise (wie der Michel angesprochen wurde) mit mir spricht?

Gar nicht. Wenn es nicht geschieht habe ich Pech gehabt.

Ich kann mich mir nicht selbst geben. Aber ich bin ja – also wo ist das Problem? Woher die Unruhe, ja Angst. Ich bin – aber ich habe es nicht in der Hand zu sein.

Was wäre das auch für ein Sein (ein Leben), das entscheidend von mir ab hängt? Es wäre ähnlich der Geschichte des Grafen von Münchhausen, der sich, nach eigenem Bekunden, selbst am Schopf aus dem Sumpf gezogen hat.

Hier die Geschichte einmal selbst:

Als ich mich einmal selbst aus dem Sumpf befreite

Wer je bei einem Ausflug in einem Sumpf zu versinken droht, der sollte sich an diese Geschichte erinnern, die ich wirklich erlebt habe. Bei einem Ausflug gerieten mein Pferd und ich eines Tages in sumpfiges Terrain. Aber wir mussten da durch, es gab keinen anderen Weg zu unserem Ziel. Durchlaufen konnten wir den Sumpf natürlich nicht, also mussten wir das Hindernis überspringen.

Den ersten Anlauf hatte ich allerdings zu kurz berechnet. Im Flug machten wir kehrt und landeten sicher auf der Stelle, von der aus wir abgesprungen waren. Wir setzen zum zweiten Sprung an – doch dieses Mal konnten wir nicht in der Luft wenden und landeten unsanft auf dem morastigen Untergrund.

Mein Pferd und ich wären hoffnungslos versunken, wenn ich es nicht geschafft hätte, mich an meinem eigenen Haarschopf aus dem Sumpf zu ziehen. Dass ich dadurch auch mein treues Pferd gerettet habe, versteht sich ja von selbst. Es kann eben doch von Vorteil sein, wenn man einen gut trainierten Körper hat. (Quelle: Labbe.de)

Jetzt aber zurück zum Phänomen. Wäre es schön, „sich selbst zu konstituieren“, also Ursache seiner selbst zu sein?

Wenn ich mir selbst meinen Wert gebe, brauche ich nicht warten, ob ein anderer mir diesen Wert gibt. Das klingt erst einmal gut, beruhigt irgendwie. Jedoch: Würde ein anderer mir Wertschätzung, Aufmerksamkeit oder Liebe entgegenbringen – wäre es mir dann eigentlich nicht wichtig. Eigentlich wäre der andere insgesamt nicht sehr wichtig. Alles wäre irgendwie wie ein Spiel – ich könnte es spielen, dass heißt, mich über die Begegnung mit dem anderen freuen – bräuchte es aber nicht. Eben wie bei einem Spiel. Ich kann es tun, es macht auch Spaß, aber es ist nicht das eigentliche Leben.

Gerade dass, was wirklich wertvoll ist, erhält seinen Wert auch dadurch, dass es nicht verfügbar ist. Es kann nur geschenkt werden.

Darf denn dieses angewiesen sein auf das geschenkt werden so weit gehen, das es mein ganzes Da-sein, meine Existenz betrifft?

Darüber gilt es nach zu denken. Nicht aus dem spontanen Gefühl heraus, sondern in aller Konsequenz.

Manche Menschen sagen, sie hätten keine Angst vor dem Tod. Wie könnte Leben Leben heißen, wenn es nicht um sich selbst kämpfen würde, sich selbst wollen würde? Und die Motivation (die emotionale Kraftquelle)  für den Kampf ist Lebensfreude und Todesangst.

Person sein hängt am „gesehen“ sein, in unserem weiter oben beschriebenen Sinn (angesprochen sein ist ein Folge davon).

Gesehen werde ich von einem anderen. Dieser aber kann schauen ohne zu sehen, sehen ist der aktive Teil (noch besser im Begriff „Erkennen“ deutlich). Er ist frei zu sehen, zu erkennen. Wenn ich machen könnte (oder würde) das er mich sieht (anspricht) wäre dieser nicht mehr frei in seiner Begegnung zu mir. Er wäre nicht mehr Person (in diesem Zusammenhang). Von einer Nicht-Person gesehen zu werden bedeutet, auch nicht als Person gesehen zu werden. Es nützt mir also nichts. Nur Person kann Person begegnen.

Würde ich über mich verfügen können, gäbe es mich als Person also gar nicht.

Das ist sehr kurz formuliert: Dies tiefer zu erfassen wäre ein Seminar wert 😉

Ich möchte nicht versäumen noch kurz zu sagen, wie ich das Problem für gelöst halte:

Das Phänomen „Person sein“ ist nicht durch eine einzelne Person lösbar, sondern nur durch mindestens zwei. Und meine Aufgabe als der eine, ist es, allein den anderen Person sein zu lassen, indem ich ihn wahrnehme (was über Begegnung – Kommunikation geschieht). Sobald ich meine Absicht darin lege, gesehen zu werden, verliere ich den anderen aus dem Blick. Hier haben wir drei Dinge verbunden, die nur gemeinsam gültig sind: Glaube, Liebe, Hoffnung. Der Glaube hofft in der Liebe auch sich selbst zu finden ohne sich zu suchen. Seine Intention aber ist der andere.

Ist doch ganz einfach – oder?

Ohne Glaube ist es also unmöglich sich selbst zu finden. Genauso ohne Liebe. Die Hoffnung gibt mir die Kraft, von dem Erkennen dieses beunruhigenden Umstandes aus, den Sprung zu wagen sich selbst zu verlassen – nicht um sich selbst zu gewinnen (als eine Art Geschäft) sondern sich der Liebe hinzugeben, die den anderen will.

Warum das im Alltag oft nicht so einfach ist, darüber sollten wir noch sprechen. Aber auch, von der Herrlichkeit dem anderen Gegenübersein zu können.

Bis dann

Ihr Andreas Braun

Weitere Themen, die angesprochen wurden und zu denen ich mich gern äußern werde:

  1. B) Warum will ich MICH loslassen – was heißt Proklamation von Grundwerten
  2. C) Im Ausgeliefert sein – keine Zeit zum „Therapeutischen“ Gespräch
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Teil III – Hört da jemand?

Ich sitze in einer Gruppe. Wir sprechen ernst über Probleme, die es in dieser Gruppe gibt. Unterschiedliche Erwartungen, unterschiedliche Bedürfnisse, Befindlichkeiten. Seit Jahrzehnten treffen wir uns, wir kennen einander, wir schätzen jeden Einzelnen. Und doch:

Nach 30 Minuten ist die Stimmung ziemlich im Keller. Ich fühle mich nicht verstanden, nicht gehört, nicht so akzeptiert wie ich bin – einem anderen geht es ebenso. Viele aus der Gruppe drücken uns ihr Unverständnis aus, es werden immer wieder neue Ansätze gemacht, dass „Du (gemeint bin ich) doch endlich mal verstehst“. Ich spüre meinen starken Wunsch mit meinem Anliegen durchzudringen – ohne Erfolg.

Da fällt mir mein Blog ein.

Ich erinnere mich: Es geht nicht nur darum, dem anderen zuzuhören. Es geht darum, dem anderen zu erlauben mich zu verändern. Oh – mich? Wo ich doch recht habe? Wo doch mein Anliegen so wertvoll und nötig ist? Wo ich doch die anderen zu verstehen meine, dasselbe aber nicht von ihnen vermute?

Was jetzt?

Zuerst gilt es, die Frage eins zu klären: Was ist mein eigentliches Anliegen?

Ich verhalte mich wie einer, der mit seiner Botschaft durchdringen will. Meine Gedanken kreisen genau darum. Ist das mein Anliegen? – Naja, es würde mich schon sehr kränken dieses mein Bemühen um eine Verbesserung als „Fehler“ wahrzunehmen. Gerade nachdem ich mich damit so aus dem Fenster gelehnt habe. Wo ich doch so Recht habe. Ein Fehler?

Es geht mir offenbar auch um mich selbst, in meinem Eigenen, in meinem Selbstwertgefühl. Das Eigene nun zu lassen – das würde mich verletzbar und gefährdet machen. Es stände im Raum „das haben wir dir doch gleich gesagt“. Ich spüre wie ich das Gefühl bekomme, auf diese Weise sogar in eine bestimmte Rolle zu kommen. Die Rolle dessen, der die Dinge falsch sieht – „hat man ja erlebt“. Kann ich das ertragen?

Kann ich loslassen mich um mich selbst zu sorgen? Werde ich gehalten wenn ich mich nicht selbst halte? Gibt es eine Wirksamkeit die wirkt, hält und rettet, wenn ich das Zepter aus der Hand lege?

Die Antwort auf Frage eins hatte ich hier, in diesem Blog unter dem Aspekt „Selbstwerdung“ genannt. Michel wurde Michel weil er von anderen als Michel angesprochen wurde. Lebendig sein, wachsen und der werden, der ich sein soll, geschieht durch Begegnung, die mich verändert. Zulassen, dass etwas weggenommen wird, damit Raum für neues ist. Und dieses Neue ist das Wesen des Mensch seins, des Person seins. Also des Wertvollsten überhaupt. Ja, ich halte daran fest.

Was ist eigentlich das Anliegen hinter dem formulierten Anliegen der Gruppe? Vielleicht: Sieh uns an, sieh mich an. Deine Interventionen überfordern mich/uns, lassen mir nicht den Freiraum die Dinge selbst zu entdecken. Sie geben mir das Gefühl nicht richtig zu sein. Ich habe das noch nie gedacht, wovon du sprichst – soll ich es denn so von Dir nehmen. Wo bleibe ich?

Ja, möglicherweise spüren sie, was ich spüre. Die Sorge um das Selbst. Die Angst sich dem anderen auszuliefern, die Kontrolle zu verlieren.

Ich spüre jetzt, dass ich nicht auf die Tür warte, die nur angelehnt ist und zum Eintritt auffordert, sondern an eine Tür klopfe die aktuell geschlossen ist. Ich suche nicht nach dem aktuellen, scheinbar sehr kleinen im Anliegen des Anderen, sondern weise ihn auf das dahinter liegende hin – das will er aber gar nicht hören.

Wie sollte ich erwarten, dass der andere tut, was ich nicht tue – die Kontrolle los zu lassen, zu Vertrauen ohne eigene Sicherheit.

Vielleicht spiegelt mein Kampf um das Vertrauen der anderen sogar meinen Kampf mit mir selbst um eben dieses Vertrauen. Eine Art Stellvertreterkrieg? Aber: Allein über mich bin ich Herr. Nur was ich an mir ändere ändert etwas.

Der Spatz in der Hand (mich um meinen Wert selbst kümmern) ist besser als die Taube auf dem Dach (den Selbstwert im Vertrauen auf etwas außerhalb von mir empfangen). Ist das so? Ist nicht vielmehr der Spatz nur die Wegzehrung auf dem Weg zur Taube? Oder sogar: Ist nicht dieser Spatz der eigentliche Hinderungsgrund für lebendiges Leben?

Dazu später mehr.

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Teil II Kommunikation – Gespräch – Begegnung

Sprechen ist eine Form der Kommunikation neben anderen. Schnell entsteht die unbewusste Annahme, Gespräch wäre die Methode der persönlichen Kommunikation schlechthin. Wir wissen aber, dass das nicht so ist. Damit meine ich hier weniger den Umstand, dass Non-verbale Kommunikation bekanntlich die verbale Kommunikation (also das Sprechen) bei weitem übertrifft, was Inhalt und Überzeugung betrifft.

Was ich meine wird deutlich, wenn ich auf das eigentliche Anliegen hinter dem Mittel schaue: Gespräch ist ein Werkzeug, ein Mittel, eine Methode – aber von was?

Man könnte meinen das ist doch völlig klar. Aber über Selbstverständlichkeiten nachzudenken ist  schwer – jedoch auch sehr  fruchtbar. Es ist ja selbstverständlich, das ein Gespräch nicht um seiner selbst willen erfolgt (von Ausnahmen abgesehen). Also um was geht es?

     Spontan kommt da das Erreichen eines Zieles in den Sinn, ein Ziel, das ich gerne durch das Gespräch befördern möchte – also einen Zweck. Im ersten Teil (vom 19.2.15) habe ich schon angedeutet, dass Zweckerfüllung  oft nötig ist – aber nicht das Eigentümliche eines Gesprächs ausmacht, das, was nur durch Gespräch entstehen kann. Ich habe Begriffe wie personale Begegnung genannt und das Geheimnis der „Personstiftung“  umschrieben (Michel wird durch Ansprache zur Person).  Zuvor kommt mir noch etwas in die Quere:

   Wie ein Hintergrundrauschen geht es in einem Gespräch meist noch um mein sich deutlich regendes ICH:

ICH möchte gesehen werden, bemerkt und geachtet werden. ICH möchte darüber hinaus bedeutsam sein (nicht im Sinne von berühmt, aber im Sinne von einmalig, nötig, mittragend usw.).  Ein Mangel dieser Dinge überlagert auf Dauer alle anderen Bedürfnisse. Es entsteht eine Art Tonus der inneren Haltung, der Befindlichkeit. Mit dieser bewussten oder unbewussten Haltung begegne ich nun Menschen und finde mich in einer Kommunikationssituation vor.

Und sind nicht viele, ja sehr viele Probleme in der Kommunikation, im Gespräch durch diese Haltung belastet?

Um was geht es dem Gespräch?

Mir geht es um das werden meiner selbst, das je nicht machbare das sich ereignet in der freien Begegnung mit einem DU.  Und damit um auch das offenbar untrennbar verknüpfte werden meines Gegenübers.

Um dieses schöne, abstrakte Aussage ein wenig mit Leben zu füllen möchte ich konkrete Dinge nennen, die sich daraus ergeben. Bei allem geht es darum diese Gedanken im Herzen zu halten. In einem weiteren Schritt schaue ich später noch genauer auf die Herzenshaltung hinter den Schwierigkeiten dies zu praktizieren.

 Genau sein

Da wir gerade in ein neues Haus ziehen, hier ein praktisches Beispiel. Für die beiden Schrauben in der Mitte des Bildes suche ich das passende Schraubwerkzeug – kurz: ein Bit. Die Bits in der grünen Box passen gar nicht. Aber auch wenn ich richtigerweise einen

Welches Bit ist richtig?

Welches Bit ist richtig?

Kreuzschlitz aus der orangen Box wähle, kommt es nun auch auf die Größe an. Eine falsche Größe reduziert den Erfolg, die Schraube geht nicht richtig rein  und kann zudem „vergnaddeln“.

Benutze ich in meiner Sprache ungenaue Begriffe oder höre nur ungenau zu kommt es nicht nur zu Missverständnissen sondern schnell auch zu Verletzungen.

Damit hängt ein weiterer Punkt zusammen:

– Sehr ernst nehmen

Manchmal bin ich zu bequem, das Bit, welches sich gerade im Schraubenzieher befindet, für eine andere Schraube zu wechseln. Ich müsste von der Leiter steigen, ein anderes Bit suchen und wieder zurück auf die Leiter steigen. Ich nehme die Schraube also nicht so ernst. In einem Einzelfall ist der Schaden evtl. zu verschmerzen. Auf Dauer aber beschädige ich möglicherweise mein Werkzeug – und mit dem kaputten Werkzeug dann die nächsten Werkstücke (Schrauben). Dann steht evtl. eine Schraube vor, ich bekomme sich nicht vor und zurück weil sie durch das kaputte Werkzeug auch schon beschädigt ist – das geht dann beim Verspachteln gar nicht.

Begriffe, die nicht genau sind, „greifen“ nicht.

Ernst nehmen des Anderen – hier ein paar Aspekte:

– Warten bis der andere ausgeredet hat (kein: „…ich weiß schon..“).

– Auch das genau, nehmen was nicht in meine Vorannahme passt.

– Vermuten, dass der andere meint was er sagt.

– Auch das Ablehnen einer (verbalen) Kommunikation akzeptieren.

– Wortverständnis (Begriffsverständnis) erfragen.

Pausen

Manchmal ist es emotional schwer, fast unmöglich, sich von sich selbst, vom eigenen ICH, zu lösen, um dem anderen im Gespräch Raum zu geben. Was aber vielleicht noch möglich ist, ist, einen Moment zu schweigen. Ein Schweigen, das nicht zur Sammlung von eigenen Argumenten dient. Schweigen hier als Respekt vor dem Anderen, ein Gewicht geben dem, was schon gesagt wurde. Und auch: ein Einüben von nicht-sagen-müssen.

Weniger

Ein großes Thema, ich deute nur ein paar Aspekte an, die mir wichtig sind.

– Weniger Argumente.

– Weniger Stimmvolumen.

– Weniger eigenen Gesprächsanteil.

– Weniger wollen.

Hier halte ich inne – denn dieses Weniger entsteht nicht aus dem beachten einer Liste – sondern aus einem inneren Vermögen – und dazu später mehr.

Ich möchte noch einmal zum Anfang zurück: Gespräch ist eine Form der Kommunikation, eine andere die Haltung in meinem Inneren. Um diese Haltung zu gewinnen muss ich mir über meine Ziele klar werden. Ob meine Ziele (meine Werte) mich motivieren, kann ich oft eher am Ergebnis sehen als an einer Überlegung. Sind die praktischen Dinge, die ich eben genannt habe, in vielen Situationen nicht erreichbar, ist es erlaubt zu fragen ob mir meine Werte nahe sind – ob ich meinen Werten wirklich begegne.

–> Fortsetzung folgt.

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Teil I Gedanken zur Kommunikation

Michel

Michel

Wert der Kommunikation

Ich halte meinen Enkel Michel auf dem Arm. Michel ist einige Monate alt. Ich schaue ihn an und sage: „Michel“. Und dann wieder, in vielen Tonlagen und Varianten, an vielen Tagen immer wieder „Michel“. Und nicht nur ich. Auch seine Mutter, Geschwister, Oma’s und Opa’s  sprechen ihn an:“Michel“.

Monate später spielen wir zusammen. Das Spiel geht zwischen ihm und mir hin und her. Michel sagt abwechselnd „Opa dran“ und „Michel dran“.

Er weiß von sich noch kein „Ich“. Zuerst ist mein Du, das Du, das andere ihm sagen. Und diese anderen haben „Du = Michel“ gesagt. Das Michel eine Person ist haben andere ihm „kommuniziert“. Erst aus diesem ihm von anderen gesagtem, gemeintem, gesehenem wird er mehr und mehr eine eigenständige Person, eben der Michel. Eines Tages, vielleicht schon in einem Akt der Abstraktion, der Selbstdistanzierung wird er „ich“ sagen.

Im Anfang ist also die Ansprache. Als Name, aber immer auch als gemeint sein, als gesehen sein, als Objekt der Aufmerksamkeit und des Interesses anderer Menschen.

Michel musste gefüttert werden (aktuell isst er schon allein), gewindelt, gekleidet, gewärmt, behütet und vieles mehr. Das war nötig – aber niemals hätte es ausgereicht. Michel wäre nie Michel geworden ohne Ansprache.

Was auch immer ich einem Menschen ansonsten Gutes tue, wenn ich ihn nie persönlich anspreche, nie ganz meine, werde ich das Eigentliche des Anderen verfehlen.

Dasjenige Element in der Kommunikation, das auch als Begegnung bezeichnet wird, ist das, das durch nichts anderes ersetzt werden kann. So geht es mir im Grunde um diesen Aspekt zuerst und zumeist.

Zuerst will ich mich daran erinnern: Im Gewühl all der anderen Dinge, die ich mit Sprache, mit Kommunikation bezwecke, erreiche und auch erleide, will ich dem Wichtigen Aufmerksamkeit schenken: Dass ich mich dadurch kenne, dass andere mich angesprochen haben, mich gemeint haben. Und genauso: dass ich mein Leben nur dann gewinne, wenn ich in diesen anderen anspreche, meine und ihm begegnen will in seinem ganz Eigenen. Nur indem ich mich loslasse, gewinne ich mich.

Ich will

Nun lasse ich also für einen Moment den Zweck der Kommunikation außen vor (nicht generell, nur zur Klärung). Was bleibt? Bleibt etwas? Was ist es mir wert?

Hier kommen wir nun zur Wertbegegnung. Nur wenn ich diesem Wert in mir begegne und sich dazu ein Gespür einstellt, kann (und wird) daraus eine Motivation erwachsen. Und umgekehrt: Spüre ich keine, oder kaum, Kraft zu solch einer Offenheit, Bereitschaft etwas zu tun für diesen Wert, ist er in mir verhüllt oder versteckt. Genau hier würde die Logotherapie ansetzen.

Wachstum geschieht im (zielgerichteten) Überwinden von Widerstand. Ich weiß nun, dass ich will. Welcher Widerstand wird sich mir in den Weg stellen?

Ich meine, dies ist in erster Linie das innere Bedürfnis nach Kontrolle und Sicherheit. Das Erlernen von Kommunikationstechniken folgt oft unbewusst (oder bewusst) dem Wunsch in einem Gespräch weder dem anderen noch der Gesprächsentwicklung ausgeliefert zu sein.

Begegnung beinhaltet jedoch genau dieses Öffnen und das sich Ausliefern in eine empfangende Begegnung.

Der erste Schritt – Raum geben

Der Raum, in dem sich ein Gespräch ereignen kann, muss aktiv gegeben werden. Von allein ist er nicht da – denn ich fülle ihn mit meinen Erwartungen, Gefühlen, Zwecken, Vorannahmen und manch anderem.  Raum geben bedeutet, sich selbst aktiv anzuhalten.  Genau genommen ist der Raum des Gesprächs also doch vorhanden – wird aber durch mich kontinuierlich gefüllt. Mit dem aktiven „Raum-geben“ meine ich also wesentlich, das automatische „Raum-füllen“ durch mich aktiv zu stoppen.

Diese aktive Handlung ist der oben genannte Widerstand, den ich überwinden muss. Von allein würde ich schnell in die Haltung der „Gesprächsführung“, des Begründens, Erfragens, bis hin zum Rechtfertigen kommen. Ich vertraue nur mir, was mich angeht. Nun aber wage ich der Situation zu  trauen. Dem Unbekannten das geschehen wird, wenn ich dem Anderen Raum lasse.

 —– Fortsetzung folgt

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O, schaffet Schweigen!! – Ein Widerspruch zum Bloggen?

Immer wieder neu stehe ich vor der Frage, ob eine Veröffentlichung nicht wiederum nur zur Erfüllung der Welt mit Worten, mit Lärm beiträgt. Das Klingeln mit der Glocke „hier bin ich“ geschieht nicht ohne dass es eine kleine ruhige Ecke mit Lärm erfüllt. Und mir scheint, auch der schönste Klang wird Lärm, wenn er im Übermaß geschieht.

– Man sagt mir, ich müsse mehr schreiben um Aufmerksamkeit zu erregen. Und mir ist, das es schon soviel „mehr“ gibt. Das ich selbst dieses mehr an allen Orten wie eine Flut, wie ein Getöse empfinde. Aber wie kann ich zur Stille rufen ohne die Stille zu stören?

– Man sagt mir, ich müsse einfacher und deutlicher, klarer schreiben. Und mir ist, ich nähme den Lesern damit das selber Denken und verschließe ihnen den Raum, den ich ihnen ja gerade öffnen will. Ich will das Fragen im Leser, das Unfertige. Ich wünsche mir, der Leser beginnt zu fragen – aber weniger mich, als sich selbst.

Worte sollten aus der Stille kommen und Worte aus der Stille werden ein wenig Stille beim Leser brauchen. Ob meine Stille genug ist um meine Worte so nennen zu dürfen, ist ungewiss. So sind es eher Worte aus meinem Bemühen um Stille.

Ich will auf dem Weg zu mehr Stille sein und doch versuchen ein wenig in Kontakt zu Menschen, zu Lesern zu bleiben und zu kommen. Dabei werde ich jeweils zu viel von dem einen oder dem anderen tun – und mich gern korrigieren lassen.

Ihr

Andreas Braun

Ich zitiere hier den großen Sören Kierkegaard (1813-1855):

Wenn ich ein Arzt wäre und mich einer fragte: „Was meinst du, muß getan werden?“, so würde ich antworten: „Das erste, was getan werden muß, und die unbedingte Voraussetzung dazu, dass überhaupt etwas getan werden kann, ist -: schaffe Schweigen! Gebiete Schweigen! Gottes Wort kann ja nicht gehört werden, und wenn es mit Hilfe lärmender Mittel geräuschvoll hinausgerufen wird, damit man es auch im Getöse hören kann, so bleibt es nicht Gottes Wort. Schaffe Schweigen!! Ach, alles lärmt, und wie heißes Getränk das Blut bekanntlich in Wallung bringt, so ist in unserer Zeit jenes einzelne, selbst das unbedeutendste unternehmen und jede einzelne, selbst die nichtssagendste Mitteilung bloß darauf berechnet, die Sinne zu reizen oder die Masse, die Menge, das Publikum und den Lärm zu erregen!

Der Mensch, dieser gewitzigte Kopf, sinnt fast Tag und Nacht darüber nach, wie er zur Verstärkung des Lärms immer neue Mittel erfinden und mit größtmöglicher Hast das Geräusch und das leere Gerede möglichst überallhin verbreiten kann. Ja, was man auf solche weise erreicht, ist wohl bald das Umgekehrte: die Mitteilung ist an Bedeutungsfülle wohl bald auf den niedrigsten Stand gebracht, und gleichzeitig haben umgekehrt die Mittel der Mitteilung in Richtung auf eilige und alles überflutende Ausbreitung wohl das Höchstmaß erreicht, denn was wird wohl hastiger in Umlauf gebracht als das Geschwätz?! Und anderseits -: was findet willigere Aufnahme als das Geschwätz?! – O, schaffet Schweigen!!“

Aus „Selbstprüfung“

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Potential der Person – Kongress in Berlin

Drei Tage nachdenken über Person sein. Begegnungen und Gespräche. Besonders bewegend war ein Gespräch mit einem alten Weggefährten von Alfrid Längle (*), der auch schon sehr früh bei Victor Frankl in der Ausbildung war.
Er sprach von seiner Berufung zum Lehrer sein. Ich fragte ihn nach seinem Beweggrund und was ihn auch heute noch (er ist schon lange aus dem Beruf) so glühen lässt.
Seine Augen leuchteten als die Worte fielen: „Zum Leben anstiften“.
Und das er gern dabei ist, wenn „der Andere in Erscheinung tritt“.

Hier, so nüchtern geschrieben, fehlt natürlich das Glühen, das ich bei diesem Menschen gespürt habe. Es geht über das Mögen des Menschen hinaus.  Eine Sehnsucht zu erleben, wenn der Mensch aus seinen Potentialen heraus ins Leben tritt, ganz lebendig wird, spürbar erscheint.

Irwin Yalom spricht davon, dass das wichtigste Arbeitsmaterial eines Therapeuten seine eigenen Gefühle sind. Spüre ich das lebendig sein meines Gegenüber? Das weckt dann auch in mir die Freude am Leben.

Das „Anstiften“,  ist dies nicht ein herrliches Motto für einen Lehrer?

Ihr

Andreas Braun

(*) Alfrid Längle hat der Logotherapie und der Existenzanalyse wesentlich die Form und Werkzeuge gegeben, die sie, auf der Basis der Arbeit von Victor Frankl, zu dem gemacht hat, was sie heute ist.

 

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Tabu

Begegnung – als Mensch, auch im Extremen

So wenig wie mancher das Thema Leid und Tod anschauen mag, so wenig werden auch manch andere Themen in ihrer Beziehung zur Person angeschaut.

Ich nenne Themen wie: Täter sein, beschuldigt oder schuldig sein.

Oder Themen wie Radikalisierung, sei es rechtsradikal,  islamistisch o.ä..

Für Fragende, Suchende, Abgestempelte oder Angehörige.

In allem gibt es Gründe – auch gute Gründe. Evtl. umhüllt von Dingen, die von außen wenig attraktiv aussehen.

In der offenen Begegnung kann sich zeigen, um was es eigentlich geht, welcher Wert will zur Geltung kommen, was ist das Motiv hinter dem Motiv?

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Wertbegegnung

Dass diese Adresse noch frei war, zeigt, dass so manche Perle noch nicht gefunden wurde. Nun wird es Zeit, Zeit sich auf den Weg zu machen und den Werten zu begegnen.

Haben Sie schon gesehen, dass auf Ihrer Tastatur das Wort „WERT“ so direkt da steht? Damit haben Sie schon mal die halbe Miete. Nun geht es noch darum diesem Wert – Ihrem Wert – auch zu begegnen.

Wie geschieht das?

Dem wesentlichen Wert, den es zu begegnen gilt, ist der Mensch selbst. Das ist zunächst nicht das Ich, dem ich begegnen kann, sondern das Du. Im Du erst kann ich mir selbst begegnen. Die Tür zum Glück geht nach außen auf [V. Frankl].

Einem Menschen zu begegnen ist uns jedoch kaum (noch) geläufig. Ihn nicht wegen etwas anzusprechen, ihn sprechen zu lassen und zu hören, was an ganz Eigenem dort zu hören, zu empfangen ist. Weglassen, was dazu in mir sich äußern will. Meine schnellen Kommentare und Vorfindlichkeiten. Innerlich schweigen, horchen, gespannt lauschen.

Dieser Raum der Begegnung ist ein Wert an sich. Den gilt es anzubieten – in immer Neuem sich selbst zur Verfügung stellen und Anteil nehmen an dem Du des Gegenüber.

Dazu soll dieser Blog Gedanken und Beiträge liefern.

Allem Anfang wohnt ein Zauber inne.

Ihr

Andreas Braun

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