Im Teil IV hatte ich geplant, über praktische Dinge zu sprechen, die beim Gespräch helfen können. Nun gab es Rückfragen, die ich nicht übergehen möchte. Ich bin sehr dankbar dafür, denn einen Blog über Kommunikation ohne Kommunikation wäre ein trauriges Ding.
Hier das erste Thema das mir wichtig war:
A) Wie werde ich Person, wenn im normalen Leben niemand auf diese Weise (wie der Michel angesprochen wurde) mit mir spricht?
Gar nicht. Wenn es nicht geschieht habe ich Pech gehabt.
Ich kann mich mir nicht selbst geben. Aber ich bin ja – also wo ist das Problem? Woher die Unruhe, ja Angst. Ich bin – aber ich habe es nicht in der Hand zu sein.
Was wäre das auch für ein Sein (ein Leben), das entscheidend von mir ab hängt? Es wäre ähnlich der Geschichte des Grafen von Münchhausen, der sich, nach eigenem Bekunden, selbst am Schopf aus dem Sumpf gezogen hat.
Hier die Geschichte einmal selbst:
Als ich mich einmal selbst aus dem Sumpf befreite
Wer je bei einem Ausflug in einem Sumpf zu versinken droht, der sollte sich an diese Geschichte erinnern, die ich wirklich erlebt habe. Bei einem Ausflug gerieten mein Pferd und ich eines Tages in sumpfiges Terrain. Aber wir mussten da durch, es gab keinen anderen Weg zu unserem Ziel. Durchlaufen konnten wir den Sumpf natürlich nicht, also mussten wir das Hindernis überspringen.
Den ersten Anlauf hatte ich allerdings zu kurz berechnet. Im Flug machten wir kehrt und landeten sicher auf der Stelle, von der aus wir abgesprungen waren. Wir setzen zum zweiten Sprung an – doch dieses Mal konnten wir nicht in der Luft wenden und landeten unsanft auf dem morastigen Untergrund.
Mein Pferd und ich wären hoffnungslos versunken, wenn ich es nicht geschafft hätte, mich an meinem eigenen Haarschopf aus dem Sumpf zu ziehen. Dass ich dadurch auch mein treues Pferd gerettet habe, versteht sich ja von selbst. Es kann eben doch von Vorteil sein, wenn man einen gut trainierten Körper hat. (Quelle: Labbe.de)
Jetzt aber zurück zum Phänomen. Wäre es schön, „sich selbst zu konstituieren“, also Ursache seiner selbst zu sein?
Wenn ich mir selbst meinen Wert gebe, brauche ich nicht warten, ob ein anderer mir diesen Wert gibt. Das klingt erst einmal gut, beruhigt irgendwie. Jedoch: Würde ein anderer mir Wertschätzung, Aufmerksamkeit oder Liebe entgegenbringen – wäre es mir dann eigentlich nicht wichtig. Eigentlich wäre der andere insgesamt nicht sehr wichtig. Alles wäre irgendwie wie ein Spiel – ich könnte es spielen, dass heißt, mich über die Begegnung mit dem anderen freuen – bräuchte es aber nicht. Eben wie bei einem Spiel. Ich kann es tun, es macht auch Spaß, aber es ist nicht das eigentliche Leben.
Gerade dass, was wirklich wertvoll ist, erhält seinen Wert auch dadurch, dass es nicht verfügbar ist. Es kann nur geschenkt werden.
Darf denn dieses angewiesen sein auf das geschenkt werden so weit gehen, das es mein ganzes Da-sein, meine Existenz betrifft?
Darüber gilt es nach zu denken. Nicht aus dem spontanen Gefühl heraus, sondern in aller Konsequenz.
Manche Menschen sagen, sie hätten keine Angst vor dem Tod. Wie könnte Leben Leben heißen, wenn es nicht um sich selbst kämpfen würde, sich selbst wollen würde? Und die Motivation (die emotionale Kraftquelle) für den Kampf ist Lebensfreude und Todesangst.
Person sein hängt am „gesehen“ sein, in unserem weiter oben beschriebenen Sinn (angesprochen sein ist ein Folge davon).
Gesehen werde ich von einem anderen. Dieser aber kann schauen ohne zu sehen, sehen ist der aktive Teil (noch besser im Begriff „Erkennen“ deutlich). Er ist frei zu sehen, zu erkennen. Wenn ich machen könnte (oder würde) das er mich sieht (anspricht) wäre dieser nicht mehr frei in seiner Begegnung zu mir. Er wäre nicht mehr Person (in diesem Zusammenhang). Von einer Nicht-Person gesehen zu werden bedeutet, auch nicht als Person gesehen zu werden. Es nützt mir also nichts. Nur Person kann Person begegnen.
Würde ich über mich verfügen können, gäbe es mich als Person also gar nicht.
Das ist sehr kurz formuliert: Dies tiefer zu erfassen wäre ein Seminar wert 😉
Ich möchte nicht versäumen noch kurz zu sagen, wie ich das Problem für gelöst halte:
Das Phänomen „Person sein“ ist nicht durch eine einzelne Person lösbar, sondern nur durch mindestens zwei. Und meine Aufgabe als der eine, ist es, allein den anderen Person sein zu lassen, indem ich ihn wahrnehme (was über Begegnung – Kommunikation geschieht). Sobald ich meine Absicht darin lege, gesehen zu werden, verliere ich den anderen aus dem Blick. Hier haben wir drei Dinge verbunden, die nur gemeinsam gültig sind: Glaube, Liebe, Hoffnung. Der Glaube hofft in der Liebe auch sich selbst zu finden ohne sich zu suchen. Seine Intention aber ist der andere.
Ist doch ganz einfach – oder?
Ohne Glaube ist es also unmöglich sich selbst zu finden. Genauso ohne Liebe. Die Hoffnung gibt mir die Kraft, von dem Erkennen dieses beunruhigenden Umstandes aus, den Sprung zu wagen sich selbst zu verlassen – nicht um sich selbst zu gewinnen (als eine Art Geschäft) sondern sich der Liebe hinzugeben, die den anderen will.
Warum das im Alltag oft nicht so einfach ist, darüber sollten wir noch sprechen. Aber auch, von der Herrlichkeit dem anderen Gegenübersein zu können.
Bis dann
Ihr Andreas Braun
Weitere Themen, die angesprochen wurden und zu denen ich mich gern äußern werde:
- B) Warum will ich MICH loslassen – was heißt Proklamation von Grundwerten
- C) Im Ausgeliefert sein – keine Zeit zum „Therapeutischen“ Gespräch